Ein Mast muss her

Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Carl von Canstein » So 1. Feb 2009, 14:34

@Tobi: Danke fuer das Weichei! :D

@Bernd! Du verstehst mich falsch! Durch meine Warnungen will ich niemanden entmutigen. Ich weiss aus eigener Erfahrung genau wie entmutigend es sein kann, wenn sich jemand viel Muehe mit dem Bau eines richtigen Windrades gemacht hat und dieses zerlegt sich dann irgendwann, nur weil man sich verschaetzt hat. Nur dem wollte ich vorgreifen. Wichtig ist jedenfalls, dass die Statik korrekt mit einbezogen wird und dass man das Material und seine Belastbarkeit passend waehlt. Alternativ kann man auch - wie ich es bisher immer getan habe - nach Gefuehl einfach etwas stabiler bauen als noetig erscheint, aber - so ein Gefuehl bekommt man nicht geschenkt. Man hat es meist erst nach langen Jahren im handwerklichen Umgang mit Werkstoffen in der Konstruktion. Ich traue uns da zwar einiges zu, wuerde aber jederzeit einraeumen dass ein Statiker, der sich auch in Werkstofflehre auskennt, genauer passende Ergebnisse bringen wuerde. Gruss, Carl
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Bernd » So 1. Feb 2009, 16:52

@Bernd! Du verstehst mich falsch! Durch meine Warnungen will ich niemanden entmutigen

Nein wir verstehen dich schon richtig aber du drückst dich vielleicht überzogen aus ? Schau mal wie das z.B.
auf Peter gewirkt hat! Er war bisher der einzige der sich zu deiner permanenten Skepsis äusserte, aber viele
werden schon gedacht haben " oh wei, das ist ja alles so gefährlich und völlig unbeherrschbar, da lasse ich mal lieber
meine Finger von der Windenergie". Das kommt dabei am Ende heraus wenn man zuviel Skpesis verbreitet.
Das wirkt entmutigend, sogar stark entmutigend ! Ich glaube du bist Dir der Wirkung deiner Worte nicht bewusst.

Grüsse

Bernd
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Carl von Canstein » Mo 2. Feb 2009, 10:12

@Bernd: Welche Wirkung unsere Worte haben, haengt vom Hoerer genauso ab wie vom Sprecher.
Alle Hinweise waren gut gemeint. Es wurden auch Loesungsvorschlaege (siehe Zeichnung Vorseite) eingebracht.
Es kommt darauf an, wie die Probleme geloest werden und nicht darauf, das Probleme da sind.
Der Bote, der eine schlechte Nachricht ueberbringt, bekommt selten einen Bonus dafuer.
Damit, dass man schweigt und abwartet bis andere vermeidbare Fehler machen ist es in einer guten Gruppe doch nicht getan!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Huracan » Mo 2. Feb 2009, 17:53

och, nu ma nich zanken hier. :|

Ich hoffe für mich, daß ich nicht einen warnenden Hinweis überlesen habe.
Und zu den letzten Argumenten; ich würde es viel schlimmer finden, wenn ich am Ende meiner Arbeit, nach dem ersten Sturm, meinen Rotor aus Nachbars Garten sammeln darf und hoffen muß, daß keiner zu Schaden gekommen ist.
Bis zu einer gewissen Größe ist bestimmt alles überschaubar, aber wenn wir hier Beispiele von 9-10m² Rotorfläche anführen, dann bin ich halt ein Schisser, geb ich gerne zu. Von den gefährlichen Spannungen und Strömen, die dann schon entstehen können mal abgesehen, würde ich das ohne Fachmann für Statik schon mal gar nicht allein angehen.
Also mein gedachter 9m²-Rotor in 8m Höhe soll sehr wohl mit einer Tonne berechnet werden, das kommt mir nicht zu viel vor, bei 28,3m/s(!)
(Windleistung = 122kW !, stelle ich mir bis jetzt so vor, daß, wenn auch nur die grobe Hälfte nach Betz wirksam werden kann, ein Mittelklasse-Wagen den Mast nicht knicken könnte, wenn er mit einem Seil an der Spitze zieht)
Was nun aber genau Staudruck ist und warum man daraus Windlast berechnet, würde ich auch noch gern wissen.

Der Vergleich mit der ganzen Fläche hinkt sowieso, da man wieder zu schnell bei der Betrachtung des Windes falsch liegt. Trifft der Wind auf eine Tür oder ein Dach, drückt er eben eher wenig. Die Tür fliegt zu, weil dahinter ein Unterdruck entsteht und Dachziegel werden angehoben, weil die Verwirbelungen auf dem Dach so stark werden, daß es die Pfannen bei Orkan regelrecht wegsaugt. Mikroskopisch gesehen ist auf jeder Oberfläche sogar Windstille.
Geschwindigkeit ist alles. Betrachte ich Simulationen von Rotoren, sehe ich Bereiche in denen sich die Geschwindigkeit stark erhöht, an anderen Stellen im Rotor und dahinter ist es in einigen Bereichen Windstill. Wer will sagen/berechnen, wieviel Kraft dort örtlich zum tragen kommt.

Wenn wir die Windrichtung feststellen wollen verlassen wir uns auch nicht auf unsere empfindlichen Druck-Sensoren im Finger, den wir heben, sondern der nasse Finger verrät an der kühlen Seite die Windrichtung.
Vom Gefühl her würde ich sagen, daß man nur die Hälfte der Rotorfläche als Berechnungsgrundlage braucht, aber die andere Hälfte möchte ich als Sicherheit behalten.

Wie müßte dann ein 8-Meter-Mast aussehen, wenn er eine Tonne halten soll?

Bestens H.
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Bernd » Mo 2. Feb 2009, 18:33

Wie müßte dann ein 8-Meter-Mast aussehen, wenn er eine Tonne halten soll?

Mit Abspannung ist im Prinzip jede Last kein Problem, es kommt dann einzig auf die Fundamente
der Anker sowie den Winkel und die Ausführung der Abspannung an.(auch auf der Höhe mehrfach,
damit der Turm keinen "Bauchtanz" macht :) ). Aber da sehe ich wirklich keine unüberwindbaren
Hindernisse. Ich bin übrigens auch nicht so dumm zu glauben das hierbei ein besserer Zelthering als
Anker reichen würde, um sonst unweigerlich folgende Einwände gleich vorweg zu nehmen.

Bei einem Mast ohne Abspannung sieht das schon ganz anders aus. Da kommt es stark auf die Art
des Mastens, GFK, Alu,Stahl sowie um dessen Bauform, unten dick oben dünn oder gleichbleibender
Radius, Materialstärke, Festigkeit etc an. Grob würde ich ca. 50cm Durchmesser bei einem
Stahlmasten schätzen. Ich hatte irgendwo ein Rechenbeispiel gefunden, mal sehen ob ich das nochmal finde.

Grüsse

Bernd
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Tobi » Mo 2. Feb 2009, 19:23

Hallo zusammen,

Also ich hab das gerade mal versucht in eine optisch greifbare Form zu bringen:

Bild

das ist ein Mast ohne Abspannung. Ich versuch jetzt nochmal ein Beispiel wie
oben erwähnt vorzurechenen. Also
F = 10kN (rund 1to)
l = 8m
--> M = F x l = 10Kn x 8m = 80kNm

Werf = M x 100 / Zul.sigma

--> 80kN x 100 / 14 kNcm² = 571 cm³

Da kommt dann ein Rohrquerschnitt von z.B 355,6 X 6,3mm heraus.
Ich hab das grob in eine Tabelle gepackt. Link Ist noch nicht schön, aber besser als es
immer selber zu berechnen. Für die am Markt erhältlichen Rohrquerschnitte müßt
Ihr mal zu einem Stahlhandel surfen. Die haben Liefer- / Lagerlisten.

Zur Frage nach den Staudruck und Windlasten noch. Das eine ist der auftretende
Staudruck, und das andere ist die für die Berechnung zu verwendende Windlast.
Das 1,3 ist da schon ein Sicherheitsfaktor.

Und für Carl noch: Das war nicht böse gemeint mit dem Weichei. Ich schließe mich da mit
ein. Wer nämlich schon mal auf nem Ergometer 300 Watt getreten hat merkt erst einmal
wie schwach Mensch eigentlich ist.

Ich hoffe Ihr habt erstmal genug Futter für heute Abend.

Gruß
Tobias

edit: Hab da noch was an den Einheiten verbessert.
Tobi
 
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Carl von Canstein » Mo 2. Feb 2009, 19:50

@Tobi: Ich bin doch nicht beleidigt! Hast Du den Smily uebersehen? Todo lo contrario, ich stimme Dir voll zu!

@Huracan: Abspannungen diagonal duerfen keinen Druck auf die Lager ausueben. Das hiesse, vom Mast muesste eine starre nicht drehbare Mittelachse um die der Rotor rotiert hoch genug ueber den Rotor reichen oder die Verspannung nach unten muesste frei vom Mast unterhalb des Rotors nach unten fuehren. Wem eine solche Verspannung nicht gefaellt - kann ja etwas sperrig im Garten wirken - koennte alternativ auf einen Gittermast umsteigen. Bei der Groesse Deines Rotors stelle ich mir einen freistehenden Rohrmast zwar huebscher vor, aber der muesste dann schon sehr stark sein. Einen Strassenlaternenpfahl , die ja bei grossen Exemplaren nach oben konisch zulaufen, wirst Du wohl nur nehmen koennen, wenn Dir ein Fachmann sagt, was so ein Ding vertragen kann. Man muss ja auch in Bodennaehe wegen Korrosionsgefahr und elektrolytischer Aufloesung daran denken, etwas mehr Wandstaerke und gute Versiegelung zu waehlen.

Mit so grossen Rotoren wurden mit durchstroemten Fluegeln noch keine Erfahrungen gesammelt. Das hohe Drehmoment kann dort bei Sturm vielleicht auch im abgebremsten Betrieb eine Gefahr sein. Ich wuerde dann schon eher einen Einfluegler fuer sowas favorisieren. Nicht nur, weil es weniger aufwendig ist, einen Einfluegler stabil zu bauen - man kann den einen Fluegel abgebremst optimal in den Wind drehen, so dass er in dieser Stellung den geringsten Widerstand leistet. Ein Dreifluegler hat immer zwei Fluegel unter vollem Winddruck! Bei diesen offenen Profilen ein Risikofaktor!

Leider haben Bernds Messungen ergeben, dass man mit einem Einfluegler etwa auf 50% der Energieausbeute verzichtet, aber das kannst Du vielleicht wieder reinholen, indem Du den Rotordiameter einen halben Meter groesser machst. Jedenfalls ist der Aufwand dann immer noch geringer und mehr Sicherheit, vorausgesetzt Du baust wie ein Weltmeister!

Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Bernd » Mo 2. Feb 2009, 20:04

Hallo Tobi, vielen Dank für deine Berechnungen und die tolle Grafik. Ich muss sagen das ich
aus dem Bauch heraus für so ein wirklich riesiges "Segel" mit 3 x 3m den nötigen Durchmesser und die
Wandstärke eines 8m Masten doch etwas höher eingeschätzt hatte. Man darf ja nicht vergessen das
man mit so einer Rotorgrösse schon nicht mehr unbedingt von Kleinwindrad reden kann. Das ist
dann auch in etwa die Grösse, die auch mir dann schon Respekt einflösst.

Also bei derartig "geringen" Mastdurchmessern muss ich doch nochmal drüber nachdenken ob
das nicht doch eine Alternative zum bislang geplanten Abspannmasten für mich wäre. :D

Grüsse

Bernd
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Tobi » Mo 2. Feb 2009, 20:46

Hi Bernd,

Das von mir gewählte Rohr wiegt immerhin gut 54kg/m. Das ist insgesamt nicht ganz wenig, aber
sicher eine gute Option zum abgespannten Mast. Da buddelst Du erst mal deutlich mehr Löcher in
Deinen Golfrasen und dann sind auch so Seile im Moment des gegenlaufens nicht zu verachten.
Dünnere Masten sind zwar evtl. besser zu handeln, aber die neigen auch zu unkontrollierten
Schwingungen, die m.E. nicht vorherzusagen sind. Zudem kann man an einem dicken Mast auch
direkt Steigeisen anbringen. Zur Wartung sicher besser. Obwohl is Käse, an die Rotoren kommt
man ja nicht ran, aber an den Generator zumindest.

Noch was zu meinen obrigen Ausführungen noch. Den Mast kann man nach oben Mehrteilig und
damit auch dünner ausführen. Bei 4m Höhe ist das Moment im Mast nur noch halb so groß, demzufolge
auch das erforderliche Widerstandsmoment. Ab da würde dann ein Rohr mit 267 X 6,3mm ausreichen.
Im übrigen gibt es in der Baustatik nicht nur eine Bemessung auf Versagen, sondern auch eine auf
Durchbiegung. Letztere ergibt i.d.R. den stärkeren Querschitt. Aber ich glaub das die Biegung
in unserem Fall Schnuppe ist.

Und zur Windlast nochmal was. Bei 10m² Rotorfläche ist wohl eine wirksame Bremse Pflicht, und
dann gibts auch nur Angriffsflächen in Größe der Rotorblätter. Irgendwie fände ich eine Fliehkraft-
gesteuerte Wirbelstrombremse elegant. Wäre dann so ne Art Drehzahlbegrenzer.

Gruß
Tobias
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Re: Ein Mast muss her

Beitragvon Bernd » Mo 2. Feb 2009, 21:18

Ein "Traummast" wäre einer der unten sehr dick ist und sich dann kontinuierlich nach oben verjüngt.
Quasi wie bei einem Pilz der Stiel. Mit der Wartung wäre es normalerweise ganz schlecht und für mich
ein eigentlich ein K.O. Kriterium. Aber da habe ich mir auch schon was ausgedacht :) Ich würde dann
den ganzen Rotor auf einem Ring, der um den Masten angebracht ist, anbringen. Diesen "Ring" würde
ich dann so gestalten das man ihm ablassen kann. Das ganze im Prinzip so ähnlich wie bei den
Falltürmen in Vergnügungsparks. Hört sich vielleicht an wie sciene Fiction, finde ich aber durchaus
lösbar.Beim "Pilzstiel" würde es aber sehr schwierig...
Dünnere Masten sind zwar evtl. besser zu handeln, aber die neigen auch zu unkontrollierten
Schwingungen, die m.E. nicht vorherzusagen sind.

Ja damit habe ich auch schon Erfahrungen gemacht, deswegen sprach ich auch vom Bauchtanz. :D

Ob eine Bremse unbedingt Pflicht wäre, dürfte von der konstruktiven Umsetzung abhängen. So weit ich
weiss werden nicht alle Vertikalwindradkonstruktionen bei Sturm gebremst. Es ist vielleicht mehr der
Respekt vor den Dimensionen der einem eine Bremse ratsam erscheinen lässt. Verkehrt wäre sie vermutlich nicht,
obwohl ich mir noch nicht ganz sicher bin ob ein voll im Wind hängender, nicht rotierender Flügel, nicht
vielleicht sogar noch stärker beansprucht wird als ein rotierender. Immerhin fehlt ihm dann die Fliehkraft
die einen Flügel durchaus konzeptionell stabilisieren kann, auch einen vertikal rotierenden. Man kann natürlich
sicherheitshalber eine Bremse einbauen und dann später noch entscheiden ob und wann man diese einsetzt.

Wenn du eine automatische Bremse anstrebst, dann musst du einkalkulieren das an dieser Bremse in unserem
Beispiel beim Orkan Leistungen von ca. 30KW auftreten könnten, die auch abgeführt werden müssten.
Im Gegensatz zu einer Entnahme der Leistung über einen Generator würde bei einer "reinen Bremse" die gesamte
Bremsleistung als Verlustwärme an dieser Bremse anfallen. Hätte man einen Generator zum umsetzen/abbremsen
dieser Leistung zur Verfügung, dann würde an diesem lediglich die entsprechend dem Wirkungsgrad anfallende
Verlustleistung auftreten, "lediglich"... :

Will man mit einer Bremse nur eine Stillsetzung herbeiführen muss sie nur sehr kurzeitig die hohen Bremsleistungen
vertragen, sie könnte also viel kleiner ausfallen. Eine Scheibenbremse eines Autos sollte vermutlich gute Dienste
leisten.

Ich finde es sehr gut das wir auch mal solche Grössen von Windrädern durchsprechen, das vermittelt einem ein
Gefühl für die Dimensionen und die auftretenden Kräfte.

grüsse

Bernd
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