Ich denke die Wirkungsgradeinbußen der Zwiebelform des Darrieus sind nicht so hoch wie man vielleicht vermutet .
Nun ja, die Mehrleistung beim H-Rotor ist ja physikalsich begründet. Würde ich den H-Flügel weiter nach
innen montieren, so daß er in der Mitte zwischen Rotorachse und bisheriger Rotoraussenkante befestigt
wäre, (also ca. Durchschnittswert der Zwiebelbauform deren Flügel von ganz aussen bis ganz innen reichen)
dann würde er nur 50% seiner Leistung erzielen. Ich finde diesen Unterchied schon sehr stattlich. Dem könnte
man nur durch eine asymetrische Bauform des Zwiebelflügels (genau wie beim High Tech Horizontalläufer) entgegen
wirken, also Innen dicker/grösser als Aussen. Aber macht es den Bau dann nicht eher komplizierter als einfacher
und auch teurer ?
Beim Horizontalläufer liegt es quasi in der Natur der Sache das man den "Tragarm", bis zum energetisch wirksamsten
Teil des Flügels, ebenfalls als Flügel ausbildet, von wenigen Ausnahmen mal abgesehen.
Ebenfalls ist es auch der Grund dafür, warum das Blatt sehr oft asymetrisch aufgebaut ist denn dadurch ist der Teil
des Blattes, das näher an der Rotorachse liegt, besser für die dort kleineren TSRs geeignet. Man schaue sich da
mal die neueren Enercon Generationen an, deren Blattwurzel ist aus genau diesen Grund extrem breit geformt.
Es ist jetzt nicht so das ich immer das teuerste favorisiere, eher im Gegenteil. Gerade für unser geplantes Miniwindrad Projekt
habe ich mir selbst klare Vorgaben gesteckt, die insbesondere den Preis und einen einfachen Auf- bzw. Nachbau betreffen.
Man muss bei einer Entwicklung aber zunächst mal abgrenzen was technisch möglich ist um erst dann in einem zweiten Step
zu klären, auf welche Prozente man evtl. zu Gunsten des Preises oder eines einfacheren Aubaus oder was auch immer,
verzichten kann. Auch wenn das derzeit vielleicht nicht rüber kommt, so lautet mein Lebensmotto " einfacher ist besser ",
wodurch ich einige Techniker regelmässig zum Kopfschüttel animiere, denn mind. 98% aller Techniker sehen das genau
anders herum.
Der Preis, nun auch dort muss man überlegen ob z.B. ein geringerer Preis z.B. eine 50% geringere Leistung rechtfertigt.
Ein Windrad arbeitet (hoffentlich) auf Jahre hinaus und soll dabei durch enegetischen Gewinn nach Möglichkeit ein
mehrfaches seines Anschaffungspreises wieder heraus holen. Da könnten sich etliche Prozente Leistungsverlust langfristig
gesehen als die falsche Entscheidung heraus stellen. Man muss sich das durchrechnen ob es sich im Endeffekt wirklich lohnt
Leistung im nennenswerten Umfang zu vernachlässigen. Das dürfte vom Einzelfall abhängen und kann nicht pauschalisiert werden.
Einige wenige Prozente kann man sicher verschmerzen wenn der Rest dafür deutlich einfacher und günstiger wird.
Die Zwiebelbauform ist nach meiner Einschätzung nicht per se die konstruktiv einfachere Lösung. Bauartbedingt wirken
bei der Zwiebel die Kräfte nicht an einem zentralen Punkt der Rotorlagerung, wie beim H-Rotor, sondern am oberen und
am unteren Ende der Rotorachse. Das ist ein ziemlicher Nachteil weil eine einfache Lagerung an nur einem Punkt für diese
Bauform nahezu ausscheidet. Ebenso werden Abspannungen, die sehr lang und weitreichend um den Masten reichen, notwendig.
Wie man zu einigen Projekten dieser Art nachlesen kann, ist diese Drucklagerung auch noch anfällig und schluckt auch
etwas Leistung. Vom optischen Genuss der langen Stahlseile mal ganz abgesehen.
Auch sehe ich erhebliche Probleme bei langen Zwiebelflügeln mit dem enorm hohen Drehmoment des Cansteinflügels klar
zu kommen. Dieses Drehmoment liegt nach meinen bisherigen Messungen insbesondere bei tiefen Drehzahlen teils um
mehr als 500% höher was den langen Flügeln enorme Biegekräfte in der horizontalen bescheren dürfte. Auch fehlen hier
die stabiliserenden hohen Drehzahlen des Darrieusprinzips, die die Zwiebelflügel quasi in Form ziehen. Unser Rotor dreht
ca. 5x langsamer.
Man sieht, was im ersten Augenblick einfacher und daher vielleicht "grundsätzlich besser" erscheint, muss es bei genauerer
Betrachtung nicht unbedingt sein. Ich würde schon gerne mal eine Zwiebel mit Canstein profilierten, gebogenen Flügeln
ausprobieren, aber wie soll man derartige Flügel fertigen ? Womit wir beim nächsten Problem wären, denn solche gebogenen
und idealerweise asymetrisch geformten Vorflügel sind eindeutig sehr schwierig zu fertigen....
Die Zwiebelbauform lebt eher von der Idee ein einfaches, dünnes, profiliertes "Brett" zu einem Flügel
zu biegen, was aber so nur beim Darrieusprinzip funktioniert.
Grüsse
Bernd