Thies Rotor

gemeinsame Forenentwicklung eines Rotorprofils

Thies Rotor

Beitragvon resistance » Fr 8. Mär 2013, 12:02

Hallo,

hab den in den 1980s von Dr. Nguyen Duy Vinh in Thies gebauten Rotor in einer Simulation nachgebildet.

https://www.youtube.com/watch?v=JAbtoQDwHa8

Laut den damaligen Versuchen liegt der Leistungsbeiwert über 30 %. Ist er damit besser als der C-Rotor? Schwer zu sagen. Ich traue meiner Simulation nicht zu 100 %. Den Rotor habe ich bei 10 m/s, TSR von 0,7 und einem Rotordurchmesser von 300 mm gerechnet.

Das berchnete Moment der Simulation scheint geringfügig höher zu sein, als beim C-Rotor. Für den C-Rotor ergab sich ein C_p Wert von knapp über 25 %, der Thies Rotor kommt auf 27 %. Diese Egebnisse habe ich ohne zusätzliche Wandrauigkeitsfunktion erhalten; sie sollten so etwas wie das theoretische Maximum darstellen. Mit eingeschalteter Wandrauigkeit erhalte ich für meinen C-Rotor mit 260 mm Durchmesser einen berechnetet Wert von 15 %, der Windkanalversuch bringt einen Wert von 12-13 %. Die Simulation bildet die Realität also gut nach.
Bitte berücksichtigen, dass der Wirkungsgrad in Realität von der Rotorgröße abhängig ist; bei der Messung des Filippini Rotors, der dem heutigen C-Rotor sehr ähnlich ist, konnte bei einem Rotordurchmesser von 2 m ein C_p von gut 25 % gemessen werden.

Interessanterweise erhalte ich beim Thies Rotor keinen nennenswerten Abfall des Wirkungsgrades, wenn ich die Wandrauigkeitsfunktion einschalte.
Der Thies Rotor scheint auch bei geringer Modellgröße (bzw. Reynoldszahl) nahe an seinem maximalen Leistungsbeiwert zu liegen. Dies könnte auf die großen Vorflügel zurückzuführen sein, sodass der Rotor hauptsächlich von Druckkräften beeinflusst wird, die nicht mit der Größe zusammenhängen weil sie entsprechend hochskalieren; der C-Rotor scheint dagegen etwas weniger Wind aufzufangen und ist aerodynamischer geformt. Daher hängt sein Verhalten stärker von Reibungskräften, Reynoldszahl bzw. Modellgröße ab.

Bei der Betrachtung des Videos vom Thies Rotor ist auffällig, wie strak sich die Wirbelbildung nichtperiodisch ändert. Dies führt dazu, dass das berchnete Moment und die Kräfte sehr unregelmäßig schwanken.

Gut an dem Rotor ist, dass der Vorflügel einfach und rund ausgeführt ist, was einfacher zu fertigen ist; man kann ihn daher aus alten Metallfässern bauen. Er könnte, wie schon erwähnt, etwas mehr Leistung bringen, als der C-Rotor nach Forumsbauart. Dies müsste aber erst durch direkten Vergleich im Versuch bestätigt werden. Zunächst müsste man feststellen, ob der Rotor wirklich über TSR von 1 kommt. Sollte dies nicht der Fall sein, so hat Dr. Nguyen Duy Vinh bei seiner Messung eventuell einen zu geringen Wert für die Windgeschwindigkeit erhalten, und somit einen zu hohen C_p Wert.

Gruß Felix
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Re: Thies Rotor

Beitragvon Bernd » Fr 8. Mär 2013, 18:58

Hallo Felix,
könntest du den Begriff der "Wandrauhigkeit" noch ein bisschen erläutern ?
In deinem Video sieht der Thiesrotor (ohne runde Abdeckscheiben) fast aus wie ein normaler C-Rotor mit sehr grossen Vorflügeln.
Ich halte es durchaus für möglich das unsere bisherigen Empfehlungen zur Dimensionierung noch
deutlich überarbeitet werden müssen um eine optimale Baugrösse der Flügel zu finden.
Auch wäre ein Anstellwinkel wie beim Thiesrotor mal zu testen.

Den Wert für den Wirkungsgrad mag ich dem Herrn Thies aber kaum glauben und ich schätze das es dabei mal
wieder so war wie es oft bei Erfindern ist; sie loben ihre Babys so stark bis bei ihnen ein gewisser Realitätsverlust eintritt
der oft zu allzu euphorischen "Messwerten" führt. :)
Das der Thiesrotor über ein TSR von 1 kommt glaube ich nahezu ausschliessen zu können. Es würde mich sehr sehr erstaunen
wenn es dennoch so wäre. Insofern ist die gesamte Kurve des Thiesrotors doch eher mit Skepsis zu betrachten.
Allerdings kann er ein guter Anhaltspunkt für weitere Verbesserungen sein.

Danke Felix das du Dir die Mühe der genauen Analysen machst. Das ist für unser Forum viel wichtiger als es die
geringe Resonanz darauf erscheinen lässt.

P.S.
Ich sehe gerade das die Kurve des Thiesrotors ja sogar noch eine möglichen 20% Wirkungsgrad bei einem geschätzten TSR
von 1,2 zeigt. Das halte ich für völlig ausgeschlossen bei einem Rotor nach dem Widerstandsprinzip.


Grüsse

Bernd
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Re: Thies Rotor

Beitragvon resistance » Fr 8. Mär 2013, 21:28

Hallo Bernd,

http://de.wikipedia.org/wiki/Fluiddynamische_Grenzschicht

"Prandt teilte die Strömung in der Umgebung eines Körpers in zwei Gebiete auf:
1. in eine Außenströmung, in der man die Reibung vernachlässigen kann und
2. in eine dünne Schicht in der Nähe des Körpers, die er „Grenzschicht“ nannte, in der die Reibung eine wesentliche Rolle spielt."

Genau diese dünne Grenzschicht ist verantwortlich für die Reibungskräfte am Rotor, von denen ich vermute, dass sie bei geringer Modellgröße den Wirkungsgrad herabsetzen. Wie die Grenzschicht aussieht, hängt wesentlich von der Reynoldszahl und der Geometrie ab. Es gilt nun in der Simulation diese Grenzschicht möglichst realitätsnah nachzubilden. Dies erfolgt über das logarithmische Wandgesetz, das hier formuliert ist:

http://www.wasserimunterricht.de/wyrwa/schrift/html/node9.html#Turbulenter_Impulsaustausch

Was ich nun mit Wandrauigkeit gemeint habe, ist eine Modifizierung des logarithmischen Wandgesetzes, wodurch die Simulation dem realen Verhalten der Grenzschicht näher kommen soll. Ich erspare die mathematischen Details (die ich selbst auch nicht ganz nachvollziehen kann). Das Problem ist, dass man mit dieser Korrekturfunktion nun genauer anpassen kann, man braucht aber erstmal genaue Versuchsergebnisse um zu prüfen, ob die Anpassung der Parameter sinnvoll ist.
Idealerweise bräuchte man Ergebnisse für verschiedene Rotortypen, Rotorgrößen und Windgeschwindigkeiten. Dann könnte man alles validieren und eine sehr realitätsnahe Simulation aufsetzen, mit der man gute Vorhersagen machen kann. Bedeutet also viel Aufwand.
Daher kann man nicht davon ausgehen, dass die Ergebnisse meiner Simulation völlig korrekt sind ; sagen wir, dass sie tendenziell richtig sind. Die Werte für Kräfte und Drücke scheinen korrekt. Die Grenzschicht beeinflusst aber vor allem das erzeugte Moment, sodass man hier mit einem Fehler rechnen muss; durch die besagte Wandrauigkeitsfunktion konnte ich das berechnete Moment meiner Simulation fast auf den sinnvollen Wert der Messung herabsetzen. Für die Richtigkeit würde ich meine Hand aber nicht ins Feuer legen.

Es dauert gut zwei Tage um ein paar Rotordrehungen zu rechnen. Daher ist es schwer eine ganze C_P Kurve zu rechnen. Ich gebe in der Rechnung die Drehzahl vor und lass mir das Moment an der Rotorgeometrie anzeigen. Es wäre insofern erforderlich an vielen Punkten der TSR eine Rechnung auszuführen. Da ist es einfacher das Ding zu bauen und zu testen.

Ja - ich zweifle auch an dem Wirkungsgrad des Thies Rotors, aber ich kann nicht einschätzen, ob die hohe Schnelllaufzahl nicht korrekt ist. Nach meinem Wissen gibt es Savonius Rotoren, die deutlich über TSR 1 kommen. Im Buch "der Savonius Rotor" von Heinz Schulz sind diese beschrieben, siehe Bild unten. Es handelt sich hierbei auch um Rotoren, die durchströmt werden. Man sieht ganz klar, dass die Schnelllaufzahl und der Wirkungsgrad steigen, je flacher die Flügel des Savonius werden. Womöglich verhält sich das mit den geraden Flügeln beim Thies Rotor ähnlich. Beim normalen C-Rotor ist es ja mit gebogener Leitfläche besser. Nur ändern wir jetz mit Vorflügelgröße und Leitflächenradius zwei Parameter gleichzeitig, sodass man wieder keine Aussage mehr machen kann. Im Video der Simulation zeigt die Wirbelbildung im Rotor schon starke Differenzen zwischen C-Rotor und Thies Rotor.

Gruß Felix
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Re: Thies Rotor

Beitragvon Bernd » Sa 6. Apr 2013, 12:45

Die Drehzahlen können bei einem Savonius vermutlich deshalb über ein TSR von 1 ansteigen weil der Windruck beim
Savonius nicht nur aussen am Rand des Rotors ansetzen kann sondern auch weiter innen auf die Schaufelfläche drückt.
Der Windruck findet ja beim Savonius auf der ganzen Länge der Halbschalen, vom Rotorzentrum bis zum Rotoräussern,
eine Fläche gegen die er mit der Windgeschwindigkeit drücken kann.
Logischerweise wird die Umfangsgeschwindigkeit am Außenrand grösser wenn ich mit ein und derselben Windgeschwindigkeit weiter
innen ansetzend den Rotor in Rotation versetze.

Das ganze funktioniert aber mehr oder minder nur im Leerlauf/Teillastbereich so, denn zumindest der Peakpoint der Leistungskurve
liegt bei allen dargestellten Savoniusrotoren immer unter einem TSR von 1.
Das ist für mich insofern erklärlich als das der äussere Rotorblattanteil des Savonius, wenn er mit einem TSR von 1 oder höher rotiert,
nichts zur Leistungsabgabe beitragen kann, vermutlich sogar das Gegenteil, denn der äussere Bereich wird in dem Fall Verluste
erzeugen da er vom Windruck gegen die Rotationsrichtung zurück gedrückt wird.

Beim C-Rotor nach Forenbauart hingegen sitzen die angetriebenen Bereiche des Rotorblatts, die vom Windruck erfasst und "geschoben" werden,
relativ weit am äusseren Rand des Rotordurchmessers. Folglich dürfte ein C-Rotor, selbst im Leerlauf, kaum über ein TSR von 1 hinaus kommen,
bestenfalls nur ganz knapp.

Beim Thies Rotor sind auch "Flügelanteile", im Gegensatz zum C-Rotor, näher zum Rotorzentrum hin vorhanden.
Beim Thiesrotor könnte daher der gleiche Effekt wie beim Savonius (der Wind drückt auch weiter innen gegen die Schaufeln) zu einem
TSR oberhalb 1 führen, zumindest im Leerlauf.
Ob aber tatsächlich unter Last beim Thiesrotor oberhalb einem TSR von 1 wirklich deratig viel Leistung entnommen werden könnte,
da bin ich sehr skeptisch. Ich vermute auch eine Messung der Windgeschwindigkeit zu nah am Rotor mit damit einhergehender
Erfassung einer zu geringen Windgeschwindigkeit und dadurch Verfälschung der Testergebnisse.

Grüsse

Bernd
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Re: Thies Rotor

Beitragvon MaRiJonas » Sa 6. Apr 2013, 22:07

Hallo Felix,

Deine Simulation vom Thies-Rotor finde ich Klasse. Vielen Dank.

Bei genauerem Betrachten, der roten und gelben Bereichen und der Winkel, der entsprechenden Flächennormalen, die ja quasi durch den Abstand zum Drehmittelpunkt den Hebelarm darstellt, kam mir die Idee, den Flügel entgegen der Rotation, sprich nach außen zu biegen. Ob das eine Verbesserung bringen würde? Nach meinen Überlegungen schon. Das würde auch erklären, warum der Thies-Rotor einen höheren Wirkungsgrad als der C-Rotor hat. Bei dem läuft die Flächennormale durch den Drehmittelpunkt, wenn der Flügel auf einem Kreis um den Drehpunkt liegt.

Ich bin schon sehr gespannt, was weitere Simulationen ergeben, falls Du welche machst. Egal in welche Richtung. Ich bin immer daran interessiert.

Herzliche Grüße
Richard
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Re: Thies Rotor

Beitragvon resistance » So 7. Apr 2013, 10:16

Hallo Leute,

Die Drehzahlen können bei einem Savonius vermutlich deshalb über ein TSR von 1 ansteigen weil der Windruck beim
Savonius nicht nur aussen am Rand des Rotors ansetzen kann sondern auch weiter innen auf die Schaufelfläche drückt.

Ja Bernd, das ist nur logisch und eigentlich trivial. Trotzdem bin ich nicht drauf gekommen ;) Bisher hab ich nur gesehen, dass die Savonius Rotoren mit höherer Drehzahl deutlich flachere Flügel haben. Ich halte das für eine sehr wichtige Erkenntnis, die man an geeigneter Stelle im Forum erklären sollte. Nun können wir grob begründen, wie sich die TSR bei Widerstandsläufern in Abhängigkeit von Flügelform und Flügel- oder Vorflügelgröße verhält. Wieder einen Schritt weiter :)

den Flügel entgegen der Rotation, sprich nach außen zu biegen. Ob das eine Verbesserung bringen würde?

Diese Idee hatte ich auch schon. Mir scheint das auch logisch, aber solange wir nicht irgendeinen Hinweis darauf haben, dass es so ist, bleibt es wohl Spekulation.

Richard - hast du nicht gleich Lust dich an Simulationen zu beteiligen? Mit dem kommerziellen Programm, mit dem ich bisher gearbeitet habe kann ich nichts mehr machen. Ich würde aber ohnehin lieber auf Freeware setzen, sodass jeder mitmachen kann. Mein Ziel ist es, eine Simulation aufzusetzen und nach und nach die Rechenparameter zu optimieren, sodass man am Ende auf realitätsnahe Ergebnisse kommt. Dies erfordert viel Aufwand, den man aber glücklicherweise auf mehrer Menschen verteilen könnte. Folgende Schritte sind dafür notwendig:
1. Rechengeometrie erstellen
2. Rechennetz erstellen
3. Rechnung aufsetzen und starten
4. Auswertung
Dazu im Forum ein Tutorial machen und stetig verbesseren.
Das freie CAD Programm "FreeCAD" wird glücklicherweise immer besser. Mittlerweile kann man damit schon so einiges anstellen, sodass es für unserer Belange reichen würde. Bis dahin könnte ich erklären (wobei das nicht der schwierige Teil ist).
Man müsste nun weiter recherchieren, wie man ein 2D Rechnennetz daraus erstellen kann. Es gibt mehrer freie Netzgeneratoren und dies ist mit Sicherheit möglich.
Anschließend folgt der weniger schöne Teil: die Simulation selbst aufsetzen. Es ist mit Open Foam sicher möglich ein drehendes Netz in ein statisches einzubinden, aber ich kenne mich mit dem Programm überhaupt nicht aus. Von der Eingabe über die Texkonsole sollte man sich nicht abschrecken lassen: Es mag zwar furchtbar sein, aber andere kommerzielle Programme sind für meinen Geschmack nicht viel besser ;)
Wenn man das mit der Rechnung geschafft hat, sollte die Auswertung auch noch machbar sein.

Also Freiwillige vor; da ist noch einiges an wissenschaftlicher Arbeit zu leisten und auch noch einiges zu lernen. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

Gruß Felix
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Re: Thies Rotor

Beitragvon MaRiJonas » So 7. Apr 2013, 11:14

Hallo Felix,

klar, gerne beteilige ich mich an Simulationen. Ich finde das faszinierend.
Bislang habe ich leider noch keine entsprechende Software für OSX gefunden, denn in unserem Haushalt gibt es nur Macintosh-Rechner.

Aber vielleicht werde ich ja noch fündig.

Gruß
Richard
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Re: Thies Rotor

Beitragvon hfs » So 9. Jun 2013, 18:38

hallo Herr Furtmayr,
Ihre Bachelorarbeit zum Thema C-Rotor habe ich mit Interesse gelesen.
Ich habe zwei 5-flüglige C-Rotoren mit elliptischen Flügelquerschnitt Größe
3000 x 3000 mm gebaut.An eimem Gedanken-/Erfahrungsaustausch wäre ich
interessiert.
gruß
H.F.Schwarz
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