Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

gemeinsame Forenentwicklung eines Rotorprofils

Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Rundling » Mo 5. Jul 2010, 20:05

Hallo zusammen,

nach längerer Zeit gibt es mal wieder eine Meldung - auch wir waren nämlich zwischenzeitig nicht untätig!

Auch an meiner Schule haben sich einige Schüler gefunden, die am Thema VAWT mit wachsendem Interesse arbeiten.
Um gleich zu zeigen, wo wir mit dem C-Rotor angelangt sind, hier das Bild unseres "Kandidaten" in Bewegung.
Das Modell hat wegen der beschränkten Windkanalmaße lediglich 17 cm Gesamtdurchmesser, ist also in der Fertigungsgenauigkeit nicht sooo hoch.

P1010127a.JPG
... und er dreht sich doch!
P1010127a.JPG (31.5 KiB) 13041-mal betrachtet

Wie ihr an der Muffe oben seht, ist der Rotor einfach auszutauschen, und derzeit messen wir vergleichend die Drehzahlen eines Standard-Savonius und eines Lenz-2 mit identischem Querschnitt.
Wenn wir durch sind, wollen wir Euch die Ergebnisse gerne präsentieren.

Beim Bau des Lenz-2 haben wir einige interessante Feststellungen gemacht: interessanterweise liegen Kopfmittelpunkt (gerundeter Teil des Flügels = "Kopf") und hinteres Flügelende auf ein und demselben Umlaufkreis. Außerdem beträgt die Winkelüberdeckung eines Flügels beim Dreiflügler nahezu exakt 60°; das Modell arbeitet also mit 50% Kreisabdeckung.
Schon haben wir also die nächsten Aufgaben: einerseits soll der nächste C-Rotor ebenfalls 50% Kreisabdeckung bekommen, so dass wir identische Flügelgrößen erhalten. Andererseits wollen wir dem Lenz versuchshalber mal "Mützchen", also Frontkappen ähnlich dem C-Rotor verpassen.

Das wird wohl die Zeit bis zu den Ferien um etliches überschreiten, so dass wir erst Oktober/ November mit einem Ergebnis rechnen können.
Was wir bis dahin haben, stellen wir gerne noch ein.

Gruß,
Rundling
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Bernd » Mi 7. Jul 2010, 07:29

Hallo Rundling,
ich finde es sehr gut das sich die Schüler für dieses Thema interessieren.
Insbesondere gefällt mir das sie vergleichende Versuche durchführen.
Habt ihr auch eine Möglichkeit die Höhe der produzierten Leistung zu vergleichen ?
Wenn bislang noch nicht, dann wäre eine Drehmomentmessung über Seilbremse
eine Möglichkeit die wenig Aufwand erfordert und sehr genau ist.
Halte uns weiter auf dem Laufenden !

Grüsse

Bernd
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Rundling » Mi 7. Jul 2010, 16:40

Hallo Bernd,

derzeit haben wir erst mal die Leerlaufdrehzahlen in Abhängigkeit von den Umdrehungszahlen der Windanlage gemessen. Hier findet sich für den C-Rotor eine schöne Proportionalität, soll heißen, die Rotordrehzahl ist direkt abhängig von der Propeller-Drehzahl des Windkanals.
Beim Savonius stellen wir tatsächlich nach Augenschein eine höhere Drehzahl fest, mit dem Messen sind wir noch nicht durch.
Nach unserer Meinung hat der C-Rotor zu wenig Fläche im Wind (Kreisabdeckung und Flügelgröße)
Der Lenz-2 ist noch im Bau - fast fertig. In einer Wochenstunde schafft man da nicht sooo viel ...
Ein größerflügliger C-Rotor mit gleichem Gesamtdurchmesser soll über die Ferien entstehen.
Wenn die Leerlaufdaten im Kasten sind, folgt ein Vergleich bei konstanter Windkanal-Drehzahl mit Ermittlung der realen Windgeschwindigkeit unter Last.
Dank unserer Muffe sind die Rotoren sehr schnell zu wechseln - einfach Muffe lösen, hochschieben, den nächsten in das untere Lager nur reinstellen und Muffe wieder in Position festschrauben. Oberalb der Muffe reicht die Fortsetzung der Welle durch die obere Abdeckung des Kanals und ein zweites Drehlager hindurch - schon in der Planung vorgesehen als Abtriebswelle für diverse Zusatzeinrichtungen.

Bin selbst gespannt auf die Ergebnisse!

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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Bernd » Do 8. Jul 2010, 07:54

Hallo Rundling, das hört sich alles sehr spannend an.
Ich hoffe ihr kommt zügig voran und habt bald neue Ergebnisse zu präsentieren.
Nach unserer Meinung hat der C-Rotor zu wenig Fläche im Wind (Kreisabdeckung und Flügelgröße)

Ja dieser Meinung bin ich auch. Es ist zwar für die Optik eines grösseren C-Rotors nicht unbedingt förderlich,
aber die bisherigen Flächenabdeckungen die in unseren Formeln stecken scheinen noch zu gering.
Habt ihr denn eine Möglichkeit die Windgeschwindigkeit bei euren Tests zu ermitteln ?

Grüsse

Bernd
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Rundling » Mi 14. Jul 2010, 13:41

Optik ist nun aber kein wirkliches Kriterium. Was zählt, ist doch alleine Leistungsausbeute pro überstrichener Fläche. Dazu noch baulicher Aufwand, Stabilitätsfragen und Regelbarkeit (Sturm, optimale "Leistungsdrehzahl").
Demgemäß wird die Entscheidung fallen, was wir womöglich als kleines "Echtprojekt" weiter verfolgen.

Da der Windkanal innerhalb einer früheren Facharbeit gebaut worden ist, hoffe ich, dass irgendwo an der Schule noch Winddaten "lagern". Notfalls muss irgendwo ein geliehenes Anemometer her. Wir können den Kanal ja auch im Nachhinein noch vermessen und erstmal alles auf dessen Propellerdrehzahl beziehen.

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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon finn » Mi 14. Jul 2010, 18:57

naja, in der "Realität", was ich meine ist der echte einsatz..., spielt aussehn bei vielen schon eine Rolle, wer will denn bitte n megahässliches windrad im garten haben?
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Rundling » So 25. Jul 2010, 15:07

Erste Ergebnisse

Der Bau der Mini-Rotoren ist abgeschlossen und die Leerlaufdrehzahlen sind (per Laserpistole) gemessen.
Zunächst möchte ich unsere Baumuster einmal näher vorstellen.
Rotor-Gesamtdurchmesser 17,2 cm
Rotor-Höhe 12 cm
Material in allen Fällen Aluminiumbahnen für Offsettdruckmaschinen, DIN A 0 - 0,4 mm, von Hand gerollt, zugeschnitten und auf Stoß verklebt

Der Savonius - wir haben uns für die einfachste Bauweise entschieden:
Halbschalen, alle Kanten auf einer Linie
Abstand der Kanten in der Mitte 36mm
außen mit den Schaufeln abschließende runde Deckflächen

Der Lenz-2 (3-flügelig) nach der Bemessungsempfehlung des Tools aus dem Forenteil "Lenz-Rotor"
Flügellänge 69 mm
Vorflügelradius 16 mm
Neigung 9°, somit Vorflügelmittelpunkt und Abrisskante hinten auf derselben "Umlaufbahn"
Kreisabdeckung 50%

C-Rotor (ebenfalls 3-flg.) mit erhöhten Bemessungen entsprechend dem Lenz
Die Flügeldimensionen erhält man im Schnittmustertool mit folgenden Angaben:
Umlaufkreis 139,5 mm
Abdeckung 55%
Vorflügelbreite 60%, Radius dadurch ebenfalls 16mm
Materialstärken 1,6%

Die beiden Flügeltypen haben wir mal ineinander gezeichnet

Profilvergl.JPG
Profile Lenz-2 und C-Rotor überlagert
Profilvergl.JPG (33.88 KiB) 12376-mal betrachtet

Hier nochmals die Flügelgrößen im Vergleich, und auf dem zweiten Bild der Savonius

Rotor-Vergleich.JPG
Rotor-Vergleich.JPG (31.08 KiB) 12378-mal betrachtet


Savo_Lenz.JPG
Savo_Lenz.JPG (35.87 KiB) 12378-mal betrachtet


Die Zuordnung der Drehzahlen zur Windgeschwindigkeit für unseren Windkanal haben wir ausgegraben - allerdings wurden die damals unmittelbar hinter dem Gebläse gemessen - also ohne Vorsatz. Wir haben deshalb vergleichende Messungen mit einem Anemometer jeweils in der Mitte vor dem Gebläse und nach Aufsetzen des Vorsatzes (Trichter und Testkammer) in der Testkammer durchgeführt.

Versuchsaufbau.JPG
Versuchsaufbau.JPG (42.41 KiB) 12379-mal betrachtet


Die Werte für die Leerlaufdrehzahlen unserer drei Rotoren entnehmt bitte der folgenden Darstellung
(U/min als Funktion der Windgeschwindigkeit in der Kammer [m/s])

Wertediagramm.JPG
Wertediagramm.JPG (26.32 KiB) 12380-mal betrachtet


Diskussion:
Es ergeben sich doch so einige Überraschungen.

Da wäre einmal die "Drehzahl-Hitparade", die eindeutig der Savonius anführt, gefolgt vom Lenz-2 und dann erst dem C-Rotor.
Den Lenz haben wir mal "spaßhalber" mit aufgeklemmten Vorprofilen laufen lassen, was uns bei langsamen Drehzahlen etwa 5 - 10% Zugewinn beschert hat.
Die endgültige Befestigung wollten wir verschieben, bis wir Leistungdaten zur bisherigen Ausführung gemessen haben.
Bei schnelleren Drehzahlen gab es also noch nichts zu testen, da die Kappen irgendwann der Fliehkraft folgen; wir erwarten da aber keine anderen Effekte.

Der zweite Punkt sind die eher schlechten Schnellaufzahlen. Beim C-Rotor von Bernd lagen die bei 0,82 - wir erreichen dagegen nur "schlappe" 0,37. Selbst wenn die Windgeschwindigkeiten um 20% zu gering ausgefallen sein sollten (eigentlich nicht vorstellbar), wären wir erst bei 0,45 !
Zwei Einflüsse könnte ich mir vorstellen:
Einerseits spielen bei geringen Baugrößen Lagerungseffekte eine stärkere Rolle; in diesem Fall, mit leichtlaufenden Skater-Lagern, hätten wir ja eigentlich keine großen Bremseffekte erwartet. Dafür spricht auch, dass der Rotor sehr früh schon anläuft (ca. 2 m/s).
Den anderen wichtigeren Einfluss vermuten wir in der Baugröße selbst. Derart kleine Objekte müssten extrem schnell umströmt werden, um ein ähnliches Strömungsverhalten zu zeigen wie proportional größere. Allerdings ist zu vermuten, dass die dann exorbitanten Drehzahlen wieder andere unbekannte Stömungsänderungen bewirken. Wir befürchten, dass wir bei unserer Baugröße den Bereich ausreichender Ähnlichkeit zu größeren Rotoren schon verlassen haben.

Ergänzung bzgl. der Ergebnisse der Jugend-Forscht-Gruppe (PdF im Beitrag "Wissenschaftliche Untersuchungen ..."):
Der Arbeit entnehme ich gerade, dass auch hier trotz eines sehr eng "kanalisierten" Windes mit einer Umlaufbahn von 320mm, bzw. mit Flügelbreite einem Gesamtdurchmesser von 342,5mm, nur ein Lambda von 0,63 bei 10m/s Wind erreicht worden ist. Erst mit dem größeren Umlaufkreis von 520mm ist die Gruppe bei dieser Windgeschwindigkeit zu höheren Werten gekommen. Auch Bernd hat nicht bei solch hohen Geschwindigkeiten getestet, wenn ich mich richtig erinnere.
Eine Möglichkeit wäre ja, dass es an der "Pressung" im Windkanal lag. Der Wind könnte bei niedrigen Geschwindigkeiten noch "elastisch" genug sein, um dem Rotor in dem engen Kanal auszuweichen, bei höheren schafft er das nicht mehr, und der Kanal wirkt als Ummantelung. Das würde auch erklären, warum der Effekt beim größeren Rotor eher eintrat als beim kleinen. Dann dürfte sich der Effekt der Lamda-Steigerung in unserer Gruppe und auch bei allen anderen "freier" laufenden Rotoren nicht einstellen. Diese Folgerung würde aber bedeuten, dass die Kombination aus Windkanalmaß und Rotor(en)größe(n) bei der JuFo-Gruppe keine übertragbaren Ergebnisse liefert.
Vermuten wir aber einmal die andere Variante, nämlich, dass es ein allgemeines Phänomen ist, dass C-Rotoren bei höheren Windgeschwindigkeiten ihr Lambda steigern. Dann dürfte nach den Regeln der Strömungsähnlichkeit bei unserem kleinen "Mini" dieser Bereich erst gar nicht erreicht worden sein, bei größeren Rotoren träte der Fall immer früher auf, was ja auch zu den Erscheinungen bei der JuFo-Arbeit passen würde. Bei 1m- und größeren Rotordurchmessern könnte der Effekt bereits in den Bereich von starkem "Normalwind" zu liegen kommen.
Leider ist aus unserer Kenntnis heraus keine Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten zu treffen - die zweite wäre natürlich die "gewünschtere" und würde bedeuten, dass man C-Rotoren eher groß bauen müsste. Hier darf man auf die Beiträge der Selbstbauer mit entsprechenden Rotorgroßen hoffen bzw. müsste diese nochmal sichten. @Bernd: gibt es dazu aussagekräftige Erfahrungsberichte?


Fragen über Fragen - oder - was ist dann den Versuchen überhaupt noch zu entnehmen?

Sicherlich folgendes: wir hatten mit einem 3-Flügler "konventioneller" Bemessung (s. Abbildung "Versuchsaufbau") begonnen, also gemäß der bisherigen Forenempfehlung 33% Kreisabdeckung (incl. Vorprofil!) und 50% Vorflügelbreite - das kommt uns mittlerweilen ganz schön "mickrig" vor!
Für die Leerlaufdrehzahlen mit den jetzigen Maßen (s.o.) im Verhältnis zu diesen ersten Flügeln ergibt sich im Bereich der höheren Drehzahlen ein Plus von fast 30% (der "Kleine" hätte ein Lamdba(leer) von etwa 0,25) Das Anlaufen hat sich von knapp 3 zu unter 2 m/s Wind verschoben. Es wäre nun höchst interessant zu erfahren, ob dieser überdeutliche Wert den "Unähnlichkeitseffekten" der Baugröße geschuldet ist oder mit größeren Typen ebenfalls zu erzielen ist.

Weiterhin scheint der Lenz-2 auch in dieser Baugröße "die Nase vorn" zu haben, allerdings haben wir Leistungen bisher nicht gemessen! Immerhin scheint es noch vorstellbar, dass das C-Profil trotz geringerer sozusagen "Eigen"-Drehzahl ein besseres Drehmoment entwickelt.

Was uns verblüfft, sind die hohen Werte beim Savonius. Haben wir da zufällig ein optimales Bauart/Baugrößen-Verhältnis erwischt, schafft es also der Savonius in dieser (!!) Größe am besten, den Wind auszunutzen? Bernd hat auch früher schon die Vermutung geäußert, dass kleine Savonius einen relativ guten Wirkungsgrad aufweisen - das erscheint bestätigt.

Es scheint uns jedenfalls so, als könne man Aussagen nicht über alle Baugrößen verallgemeinern, sondern müsste sie immer auf den jeweiligen Maßstab beschränken, Vieles erscheint (sorry) für uns wieder weniger sicher als zuvor - wir werden jedenfalls nach den noch beabsichtigten Leistungsmessungen den Kleinstmaßstab nicht weiter verfolgen, sondern müssen wohl neue Versuche größer planen - leider keine erfreuliche Aussicht für weitere vergleichende Untersuchungen, was den Bauaufwand angeht.


Anhang:

Auch ein Einleitblech haben wir mal installiert: bei der hier gezeigten Anordnung ergibt sich für den C-Rotor ein Plus von ca. 10% in der Leerlaufdrehzahl. Man darf getrost eine geringfügig bessere Abschirmung des gegenläufigen Flügels und eine Beschleunigung des vorne querlaufenden durch die umgelenkt schräge Anströmung und damit mehr "Rückenwind" annehmen.

Einleitblech.JPG
C-Rotor mit Einleitblech v. oben, Wind v. links
Einleitblech.JPG (28.55 KiB) 12383-mal betrachtet

Wir haben das Blech bewusst so geformt, dass es den wirksamen Querschnitt nicht erhöht, also keinen zusätzlichen Wind von außerhalb des Rotordurchmessers in den Rotor lenkt und nehmen nicht in Anspruch, bereits an einem optimalen Anstellwinkel bzw. einer -biegung probiert zu haben.
Trotz des messbaren Effekts wollen wir nämlich zu Gunsten der einfachen Bauweise und der Unempfindlichkeit der VAWTs gegen Windrichtungswechsel künftig den Gedanken nicht weiter verfolgen.

Die Truppe vom FWG - Rundling
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Bernd » Mi 28. Jul 2010, 20:41

Hallo Rundling und vielen Dank für diesen super Bericht !!
Da habt ihr euch wirklich viel Mühe gegeben und auch viel Arbeit gemacht.
Mir gefällt sehr wie ihr vorgeht. Auch der Aufbau aus den dünnen Alublechen gefällt mir gut.
Was setzt ihr denn für einen Kleber ein um die Bleche zu verbinden ?

Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll mit meiner Antwort. :)

Du schreibst das der Rotor bei ca. 2m/s anläuft. Das deutet für mich darauf hin das die Lagerung doch
nicht soo leichtgängig ist wie ihr wohl vermutet. Ich denke das wird ganz einfach daran liegen das
bei so kleinen Modellen die "Schwergängigkeit" des Lagers naturgemäß in keinen guten Verhältnis
zur den Drehmomenten steht die der Rotor erbringen kann. Bei meinen Versuchen lief der Rotor ab
ca. 0,5m/s an.
Das euer erster C-Rotor mit 33% Abdeckung erst bei ca. 3m/s anlief und die späteren Modelle mit
grösserer Abdeckung deutlich früher ist sicher dem höheren Drehmoment geschuldet das die grössere
Flächenabdeckung mit sich bringt. Trotzdem liegen diese Werte sehr hoch.

Was das Leerlauf TSR betrifft so habe ich sogar eher noch tief gestapelt, denn bislang errechnete ich
den Rotordurchmesser immer anhand des Durchmessers der Leitfläche.
Ich habe mich dazu entschlossen, und so ist es ja eigentlich auch richtig, den Durchmesser jetzt
über alles zu ermitteln, also Außenkante Vorflügel.
Wenn ich das TSR so rechne komme ich auf Werte über 0,9 .
Eine Veränderung des TSR bei höheren Windgeschwindigkeiten konnte ich bislang nicht feststellen.

Wie hoch schätzt du denn die Windgeschwindigkeit ein die ihr mit dem Windkanal während der
Messung ereicht ?

Das Foto mit dem Gebläse zeigt einen C-Rotor mit recht geringer Solidity also Flächenabdeckung.
Ich nehme an das war dann das 33% Modell ? (sieht aber auch sehr gut aus :) )

Den anderen wichtigeren Einfluss vermuten wir in der Baugröße selbst. Derart kleine Objekte müssten
extrem schnell umströmt werden, um ein ähnliches Strömungsverhalten zu zeigen wie proportional größere.
Allerdings ist zu vermuten, dass die dann exorbitanten Drehzahlen wieder andere unbekannte Stömungsänderungen bewirken.
Wir befürchten, dass wir bei unserer Baugröße den Bereich ausreichender Ähnlichkeit zu größeren Rotoren schon verlassen haben


Da hast du glaube ich genau recht. Das Medium Luft und dessen Eigenschaften, z.B. dessen Trägheit, bleiben ja
immer gleich. Bei sehr kleinen Modellen wird es dann irgendwann sehr schwer die Ergebnisse hoch zu skalieren.

Ich bin schon sehr auf eure Messungen der Leistung gespannt.

Grüsse

Bernd
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon Rundling » So 1. Aug 2010, 12:04

Mist, jetzt hab' ich irgendwo blöd gedrückt und darf alles nochmal schreiben:

Hallo Bernd,

danke für die "Blumen"! Wir haben alles mit "Stabilit express" geklebt. Das hat die nötige Festigkeit und gerade die richtige Verarbeitungszeit von knapp 10 min. Da wir sehr sparsam waren (eine Packung für alle 4 Rotoren), ging's auch noch mit dem vergleichsweise hohen Preis. Bei größeren Modellen würde ich das nicht mehr so machen, da erscheinen mir an die Profile angesetzte Verbindungslaschen und Blindniete zur Verbindung dann doch sicherer und auch erheblich preiswerter.

Zur Windgeschwindigkeit: wie es auch das Diagramm zeigt, kommen wir wohl etwas über 20 m/s.
Das mit der Strömungsähnlichkeit ist dabei so eine Sache. Das Ähnlichkeitsgesetz für gleichartige Strömungsverhältnisse, übersetzt etwa "im selben Medium und mit geometrisch ähnlichen Körpern muss bei halben Abmessungen die doppelte Strömungsgeschwindigkeit herrschen", gilt streng genommen nur für stehende Körper. Wir haben aber ein rotierendes (also ungleichförmig bewegtes) System, so dass es zu weiteren größenabhängigen Effekten (Drall und Verwirbelung) kommt, die wohl nur empirisch zu erfassen sind. Das Ergebnis von Versuchsreihen wird dann mehr oder weniger baugrößenabhängig sein.

Mit den Lagern hast Du wohl recht, diesen Bremseffekt vermuten wir ja auch. Du hast schließlich den gut 3-fachen Hebelweg!
Deshalb - und wegen des winzigen Maßstabs bei vergleichsweise niedrigen Windgeschwindigkeiten (s.o.), erreichen wir nur sehr kleine Drehmomente. Außerdem haben wir noch nicht die ideale Bremse für unsere Minis gefunden. Derzeit versuchen wir uns an einer filzbelegen Klemme, die wir direkt an der oben herausstehenden Achse mit unterschiedlicher Klemmkraft ansetzen. Die Drehkraft messen wir über eine schwache Federwaage von den Physik-Kollegen.
Im Moment liegen die Messfehler aber noch fast bei der halben Höhe der Messwerte - also vorläufig noch keine Aussage.

Was die Zunahme des TSR bei hohen Windgeschwindigkeiten in den Messungen der JuFo-Gruppe angeht, halten wir das bis auf weiteres eher für ein Artefakt, also eine Erscheinung, die aus der Versuchsanordnung selbst herrührt ("Quetschströmung"), und nicht aus den Eigenschaften, die man eigentlich bestimmen will. Wir haben jedenfalls in allen Bereichen eine lineare Abhängigkeit gefunden.

Der direkte Rückschluss vom TSR auf den Wirkungsgrad ist wohl nicht zulässig. Ein Rotor kann durchaus sehr langsam zum Wind laufen, aber dennoch ein hohes Drehmoment entwickeln. Grundlage einer solchen Aussage kann einzig die Leistungsausbeute sein.
Im Moment sind Ferien, und im neuen Schuljahr hängt alles davon ab, ob es noch weiterhin Zeit (Stundenpläne) und Raum (Umbau!) für die Arbeitsgemeinschaft gibt.
Wenn wir eine saubere Messung hinkriegen, soll es schon noch Drehmomentwerte geben, aber wir überlegen, möglichst schnell zu größeren Modellen überzugehen (wie Du, so etwa 1/2-m-Maßstab oder größer - je nach verfügbarem Material). Der Aufbau einer Gebläseanlage in der Größe ist eine echte Kostenfrage, Kontakte zu Unternehmen oder eine Uni in der Nähe mit Windkanal wären SEHR nützlich, allerdings kosten da ja auch die Betriebsstunden richtig Geld!
Die Alternative wären Freilandversuche, die sind zwar kostenlos, aber halt langwierig, weil sehr wetterbeeinflusst, und im Moment sowieso von den eingeschränkten Möglichkeiten während des Umbaus und dem guten Willen der Beteiligten abhängig - wir wollen ja auf dem Schulgelände bleiben.

Jedenfalls reizt uns ein direkter sprich parallel gleichzeitiger Vergleich am selben Standort von baugrößen- und ca. abdeckungsgleichem C- und Lenz-Rotor.
Wir sprechen dann, wie geschildert, beim C-Rotor von 60% Vorflügelbreite und > 50% Abdeckung! Könnte mir auch vorstellen, dass hier ein 4-Flügler schon wegen des kleineren Kreisausschnitts der Leitfläche (also proportional zur Flügelgröße weniger Wölbung) günstiger ist.
Bleibt beim Lenz eigentlich die Flügel-"Anstellung" immer gleich bei 9° oder nimmt die bei mehreren Flügeln ab, evtl. so, dass Vorflügelmittelpunkt und Flügelende weiterhin auf einem Umlaufkreis liegen?

Viel zu testen - mal sehen, was uns möglich ist und wie wir uns entscheiden!

Gruß, Rundling
Zuletzt geändert von Rundling am So 1. Aug 2010, 17:16, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Vergleich verschiedener Flügeltypen im Kleinwindkanal

Beitragvon finn » So 1. Aug 2010, 13:32

Ääääääääääähmmm, vergleichsweise niedrige geschwindigkeiten?!
20m/s sind 72km/h, das ist doch schon recht flott
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