Offshore VAWT

Offshore VAWT

Beitragvon klingei » Do 10. Sep 2009, 20:24

Hallo Windfans

Habe soeben auf heise.de einen interessanten Beitrag über Vertikal-Windanlagen gefunden.
Aber lest selbst:


Windkraftanlagen mit vertikaler Achse konnten sich bisher nur in Nischen verbreiten. Ein britischer Unternehmer will nun groß ins Geschäft einsteigen – und zwar mit Anlagen, die bis zu zehn Megawatt leisten.

An Land ist das Rennen längst gelaufen. Praktisch alle Windkraftanlagen folgen einem einzigen Design: Ihre Achse ist, wie bei einem Propellerflugzeug, horizontal gelagert. Dass sich diese Bauart auch auf See ("offshore") durchsetzen wird, hält Steven Peace, Chef des britischen Unternehmens Vertax Wind Ltd., keineswegs für ausgemacht. Vertax hat speziell für den Offshore-Einsatz eine Windturbine entwickelt, bei der die Flügel um eine aufrechte Achse rotieren. Nach diesem Prinzip will die Firma ein Windrad bauen, dessen Leistung alles bislang Gekannte in den Schatten stellt. Während gängige Offshore-Propeller um die fünf Megawatt (MW) leisten, soll die Vertax-Turbine auf zehn MW kommen.


Gleichzeitig sollen die Vertikal-Windräder auch noch preiswerter und robuster sein. Das Prinzip ist nicht neu: Schon seit Jahren verfolgt Peace die Idee der aufrechten Windturbine. Doch außer in einigen Nischen – etwa auf Hausdächern – konnten die Vertikalläufer keinen Stich gegen ihre liegende Konkurrenz machen. Doch nun steht Vertax nach eigenen Angaben vor dem ersten großen Deal. Noch in diesem Jahr will die britische Regierung Details über den weiteren Ausbau von Offshore-Windanlagen in ihren Gewässern bekannt geben. Geplant ist, 25 Gigawatt bis 2020 zu installieren. Kommt Vertax hier zum Zuge, würde das eine Bestellung von 150 Anlagen auf einen Schlag bedeuten.

Dass sich Vertikalanlagen bisher nicht durchsetzen konnten, liegt an ihrem prinzipbedingt schlechteren Wirkungs-grad. Während bei einer konventionellen Windturbine alle Rotorblätter gleichzeitig vom Wind angeströmt werden, muss sich bei aufrecht stehenden Rotoren stets mindestens ein Flügel gegen den Wind vorkämpfen. "Physikalisch sind Vertikalachsen-Windturbinen daher um mindestens 30 Prozent leistungsschwächer als die heute üblichen Horizon-talachsenläufer", sagt Heiner Dörner, Windenergieexperte am Institut für Flugzeugbau der Universität Stuttgart. Die- sen Sachverhalt leugnet Steven Peace nicht, doch er bringt andere Argumente ins Spiel: "Mit dem vertikalen Konzept ist es einfacher, große Anlagen zu bauen."

Moderne Großanlagen mit horizontalem Antriebsstrang haben nämlich bereits heute Flügellängen von 60 und mehr Metern. Damit wächst auch der Durchmesser der Blattwurzel. Der aber sollte nicht größer als 4,5 Meter sein – sonst passt er unter keiner Autobahnbrücke mehr durch. Zudem zerrt die Schwerkraft so stark an den Rotorblättern, dass sie aus teurem Leichtbaumaterialien wie Carbonfaser-Kunststoff gebaut werden müssen – und noch dazu in einer komplizierten Geometrie, weil sich das Profil der Rotorblätter laufend ändert.

All diese Probleme haben Vertax-Anlagen nicht. Die 110 Meter langen Rotorblätter haben über ihre gesamte Länge das gleiche Profil und können in je zwölf Meter langen Einzelteilen gefertigt werden. Die Blattsegmente kann praktisch jede Hinterhofwerkstatt bauen und mit normalen Lkws zum Einsatzort transportieren. Kohlefaserbauteile sind nicht nötig. Auch in puncto Mechanik kann bei Vertax-Turbinen vieles weggelassen werden, was Windkraftbetreibern sonst Sorge bereitet. So brauchen die Rotoren nicht wechselnden Windrichtungen nachgeführt zu werden, was bewegte Teile spart.

Ferner können Generator und Getriebe im Turmfuß untergebracht werden. Das wiederum vereinfacht den Aufbau und potenzielle Austauscharbeiten, da Hunderte Tonnen schwere Bauteile nicht auf hundert und mehr Meter Höhe gehievt werden müssen. Gleichzeitig kann der Turm dünner und somit günstiger konstruiert werden. Er wird zudem nicht, wie üblich, aus gewalti- gen gebogenen und verschweißten Stahlblechen, sondern aus Beton gefertigt. "Beton ist billiger, und es gibt ihn auf der ganzen Welt", sagt Peace.

Den Strom erzeugen zwei getriebelose Generatoren mit je fünf MW oben und unten am Rotor. Damit schlägt Vertax zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Rotor ist doppelt gelagert, der Generator redundant vorhanden. Die Generatoren sind keine Spezialanfertigungen für die Windkraft, sondern erprobte Serienteile für Wasserkraftwerke.

"Wir wollen das Rad nicht neu erfinden. Wir nehmen viele bereits erfundene Räder und fügen sie neu zusammen", sagt Vertax-Vorstand Peter Hunter. Die Lebensdauer der Vertikalmaschinen werde, verspricht Peace, 40 statt der üblichen 20 Jahre betragen. Insgesamt sollen die Erzeugungskosten pro Kilowattstunde "20 bis 30 Prozent unter dem von Offshore-Horizontalanlagen" liegen. All das ist allerdings noch Zukunftsmusik. Bislang hat Vertax erst Mini-Anlagen mit 3 kW installiert, die 10-MW-Anlagen existieren nur im Rechner. Bis der erste Prototyp steht, werden noch mindestens fünf Jahre vergehen.


Gruß Klingei
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Re: Offshore VAWT

Beitragvon jb79 » Fr 11. Sep 2009, 07:20

Klingt alles schon mal recht gut, nur irgendwie wiedersprechen sich die folgenden Aussagen doch. :roll:

Ferner können Generator und Getriebe im Turmfuß untergebracht werden. Das wiederum vereinfacht den Aufbau und potenzielle Austauscharbeiten, da Hunderte Tonnen schwere Bauteile nicht auf hundert und mehr Meter Höhe gehievt werden müssen.

Ok, alles unten drinnen.
Den Strom erzeugen zwei getriebelose Generatoren mit je fünf MW oben und unten am Rotor.

Oder doch nicht? :lol:

Ein 110m langes Rotorblatt nur 2x lagern (oben und unten), mal schaun ob das gutgeht.
lg Jürgen
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Beitragvon Carl von Canstein » Sa 12. Sep 2009, 07:53

Du hast vollkommen recht, Juergen!
Eine solche Baugroesse mit Drehachse aus Beton! Was fuer ein Gewicht lastet da auf der Bodenlagerung? Ueberhaupt, wie stellt man sich einen so hohen zweifach gelagerten Rotor vor? Will man das obere Lager an Luftballons festbinden?
Bei Heise habe ich schon manchen anderen totalen Quatsch gelesen, also!
Sehr gross bauen stellt immer vor schwierig zu loesende technische Probleme, weil Gewicht und Schwerkraft Grenzen setzen, die nur mit passenden Materialien und Ingenieurskunst vom Feinsten erweitert werden koennen.
Das gilt selbstverstaendlich auch fuer H-Rotoren.
Solche Gewichte wie die einer 10 Megawattanlage als H-Rotor koennen wahrscheinlich nur mit einer grossflaechigen Kreisbahnlagerung direkt unter den Fluegeln (nicht etwa an der Drehachse) gelagert werden.
Ein anderer Konstruktionsansatz waere der, die rotierenden Teile kompakt und klein zu halten und mit passiven feststehenden Leitflaechen die einwirkende Stroemung zu verstaerken.
Was wiederum bei 10 Megawatt am Wind auch nicht gerade klein sein duerfte, wenn´s denn ueberhaupt sinnvoll ist! So sehr hoch laesst sich die Luftstroemung mit einfachen Mitteln nicht verdichten!
Anders unter Wasser! Dort ist die Energiedichte echt und real ungefaehr 1000 Mal groesser als in der Luft.
Und hier kommt der H-Rotor wirklich zum Zug, weil nur bei diesem mit seiner beruehmten vertikalen Drehachse der Generatortrakt ueber Wasser gefahren werden kann!
Einen Generator unter Wasser zu haben, das kennt man schon aus der U-Boottechnik, da muessen dauernd Dichtungen ausgetauscht werden, weil Algen und Korallen sich da reinfressen. Der Horizontale hat unter Wasser keine echte Chance!
Und genau hier arbeiten die Englaender sehr emsig an einer entsprechenden Technik mit dem H-Rotor. Das konnte man vor einigen Jahren sogar bei Heise noch nachlesen, wenn ich mich nicht arg taeusche!
Immerhin scheint man Werner Doerner mit seinen 30% weniger Wirkungsgrad fuer H-Rotoren richtig interpretiert zu haben. Doerner ist zwar ein eingefleischter, vorbelasteter Gegner der H-Rotortechnik, hat mit seiner Angabe hier aber nicht uebertrieben.
Wie Heise das mit den Englaendern nur in den falschen Hals bekommen hat?
Klingt ja fast wie eine gezielte Irreleitung! Natuerlich ist es am Markt wichtig, immer der Erste zu sein, da wird mit den seltsamsten Mitteln gekaempft! :D
Was wir hier machen, mit der Windkraft und dem Rotor mit durchstroemten Fluegeln, wird technisch auch den Weg fuer eine solche Nutzung vorbereiten. Ich bin absolut davon ueberzeugt, dass hier die Butterschnitte fuer unsere Technik wartet!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Offshore VAWT

Beitragvon Bernd » Sa 12. Sep 2009, 09:22

Ich verstehe das so das der Turm aus Beton sein soll und sich nicht dreht.
Die Lagerung soll anscheinend so sein wie beim geplanten Windrad von Klingei, also zweifach.

Grüsse

Bernd
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Re: Offshore VAWT

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 12. Sep 2009, 11:17

Oh Bernd!
Wie soll das gehen? Du meinst doch nicht etwa mit Tragarmen da oben und 100m langen Fluegeln, die nur dort (mit welchem riesigen Diameter bei 10 Megawatt?) getragen werden? Oder wie sollte man bei einem feststehenden Betonmast unten ein tragarmgefuehrtes Lager gekoppelt mit direkt betriebenem Generator laufen lassen? Geht das denn?
Stell Dir mal 100m lange Fluegel nur dort oben an der Drehachse befestigt vor vor! Auch wenn es regulaere aerodynamische Profile sind, die ja immerhin etwas verwindungssteifer sein koennen als unser Fluegel!
Zwar geht eigentlich immer alles wenn man nur will, aber schau, wie:
Man koennte sicher auch mit einigem Mehraufwand mehrere Etagen Tragarme aussen um den Betonmast auf Raedern rollend ohne Verbindung zu einer inneren Drehachse stabil fuehren, aber sowas ist ziemlich aufwendig und sicherlich auch nicht wartungsfrei!
Nein, nein, ich halte den Artikel von Heise eindeutig fuer eine echte Zeitungsente vom typischen Heiseformat!!!
Immerhin bringt Heise manchmal Neuigkeiten als Erster, wenn andere noch schlafen.
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Offshore VAWT

Beitragvon Bernd » Sa 12. Sep 2009, 12:58

Irgendwie sehe ich da keine unlösbaren Probleme, es wäre einfach ein grosses VAWT.
Was soll daran so unglaubwürdig sein ? Konstruktiv zumindest wäre das nicht besonderes, nur grösser
als bisheriges aber im Grunde ein normales VAWT.
Du meinst doch nicht etwa mit Tragarmen da oben und 100m langen Fluegeln, die nur dort
(mit welchem riesigen Diameter bei 10 Megawatt?) getragen werden?

Wo sonst wenn nicht oben auf dem Mast sollen die Tragarme befestigt-gelagert-getragen werden. ?
Wo sind denn die Flügel eines 6 Megawatt Horizontalläufers gelagert, oben auf dem Masten oder nicht ?
Vor 20 Jahren hat man Leute für verrückt erklärt die sagten es gäbe bald 5 Megawatt Windräder. Der
gerne genannte Grund war die technisch nicht lösbare Realisierung.... Heute haben die Dinge schon 6 Megawatt.
Oder wie sollte man bei einem feststehenden Betonmast unten ein tragarmgefuehrtes Lager gekoppelt
mit direkt betriebenem Generator laufen lassen?

Zum Beispiel (nur eine Idee von sicher vielen möglichen) in dem man aus dem Betonmasten oben ein Stück
Stahlmast heraus gucken lässt welcher drehbar gelagert ist und welcher die Tragarme trägt.
Im Inneren des Betonmasten könnte man eine Welle bis zur Erde herab führen.

Übrigens ist durchaus nicht nur Stahl als Mast geeignet wie ein Link meiner Schwester zeigte bei der ein
Unternehmen aus Hannover Holzmasten noch höher bauen will als die derzeitigen aus Stahl. Man wird sehen
ob dieses Projekt Früchte trägt.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/untern ... 15,00.html

Grüsse

Bernd
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Re: Offshore VAWT

Beitragvon Carl von Canstein » Sa 12. Sep 2009, 19:17

Im Innern des Betonmastes kann man sicherlich eine Welle bis zum Boden fuehren. Die muesste bei einem 10 Megawattrotor allerdings etwas stark ausfallen, selbst wenn es da nach der Faustregel 1 hundertstel vom Rotordurchmesser ginge. Das waere dann "nur" 1m Dicke auf 100m Laenge. Die Welle muesste auch mindestens alle 10m (etwa, genau weiss ich das nicht) zwischengelagert werden, weil sich bei einem langen rotierenden Teil Schwingungen sehr boese aufschaukeln koennen. Das kenne ich von Schiffswellen, die so gelagert werden. So ein Turm biegt sich ja auch etwas durch, frag mal die Leute, die mal oben in einer Windradgondel waren!
Ein 100m langer Fluegel, was wiegt der, wenn die einzelnen etwa 60m Fluegel der grossen Horizontalen schon so viel wiegen wie ein ausgewachsener Lastzug? Auch ein 50m langer Tragarm biegt sich schon durch sein Eigengewicht etwas durch! Wieviel, kann Dir ein Fachmann berechnen, je nach Material und anderen Konstruktionsfaktoren. Ich behaupte garnicht, dass es nicht geht!
Nichts geht nicht, man muss nur wollen!
Was sich an der Sache nicht reimen will, ist eben auch der Kostenfaktor, der im Heiseartikel genannt wird! Stell Dir mal vor, wie dick der Turm sein muesste um die Lagerung mit so einer Welle aufzunehmen. Das es bei 10 Megawatt eine nur 1m dicke Welle sein duerfte, war ja nicht so ernst gemeint. Selbst dann, rechne nur mal das Materialgewicht einer solchen 1m Welle anhand des spezifischen Gewichtes von Stahl aus und rechne die Lager dazu!
Komisch, das mit den Holzmasten habe ich gerade gestern erst in Spiegel online gelesen. Interessant! Sehr interessant!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Offshore VAWT

Beitragvon Bernd » Sa 12. Sep 2009, 20:09

Man verliert die Angst vor grossen Leistungsangaben im Elektrobereich wenn man sich das auf
eine mechanische, uns geläufige, Leistunsangabe umrechnet.
Selbst 10.000.000 Watt (10 Megawatt) sind dann "nur" noch ca. 14.000 PS. Diese Grössenordnung über eine
Welle zu übertragen ist für die Industrie glaube ich keine völlig neue Herausforderung.
Ein Flügel wird um so schwerer je grösser er wird, das liegt in der Natur der Sache.
Aber auch der Rest der Konstruktion wird ja auch viel grösser und somit auch viel belastbarer.
Alle Komponenten müssen mit der Grösse mitwachsen, aber das ist nunmal immer so.
Das Enercon 126 hätte sich vor Jahren auch keiner Träumen lassen und heute ist es schon wieder Normalität.
Ich glaube bei Hochhäusern dachte man auch mal das bei 150m aus Gründen der Rentabilität schluss sein würde. :)

Wenn die das wirklich wollten wäre das nach meiner Einschätzung durchaus machbar. Ob das sinnvoll ist wird
sich zeigen und ob sich das rechnet ist eine ganz andere Frage.

Grüsse

Bernd
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Re: Offshore VAWT

Beitragvon Carl von Canstein » So 13. Sep 2009, 07:09

Ich bin ganz Deiner Meinung!
Gruss, Carl
Carl von Canstein
 

Re: Offshore VAWT

Beitragvon klingei » So 13. Sep 2009, 08:50

Was mich mehr interessieren würde, ist ob ein VAWT eine längere Lebensdauer als ein gängiges Windrad aufweist. Denn dann könnte sich ein VAWT durchaus gegenüber einen horizontales Windrad durchsetzen. Stellt euch mal vor, das Windrad hat zwar einen schlechteren Wirkungsgrad, aber über die längere Laufzeit ist es trotzdem Sinnvoller in einen VAWT zu investieren.
Auch der Kostenfaktor für die Fertigung der Flügel scheint mir durchaus plausibel. Die Flügelform ist schon faszinierend bei horizontalen Windrädern. Aber das kostet natürlich auch dem entsprechend.

Gruß Klingei
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